von Prof. Dr. Johannes Handschumacher
Bei der Abwicklung von Bauvorhaben ist die „Abnahme“ der entscheidende Dreh-und Angelpunkt. Die folgenden 10 Hinweise sollten Sie in jedem Fall beachten.
Die Abnahme von Bauleistungen ist in § 640 BGB geregelt. Im Bauvertrag selbst werden noch weitere Regelungen über die Abnahme getroffen, z.B. dass eine Abnahme förmlich, also schriftlich zu erfolgen hat. Hierauf sollte der Bauherr unbedingt bestehen. Die Abnahme ist definiert, als die Entgegennahme der beauftragten Werkleistungen durch den Bauherrn. Ist die Leistung nicht mit wesentlichen Mängeln behaftet, so muss der Bauherr die Abnahme erklären, wenn der Bauunternehmer dies verlangt. Sind wesentliche Mängel vorhanden, kann der Bauherr die Abnahme berechtigt verweigern. Der Bauunternehmer bleibt weiter zur Erfüllung verpflichtet.
Erklärt der Bauherr gegenüber dem Bauunternehmer die Abnahme, so hat dies zahlreiche rechtliche Wirkungen.
Es gibt drei gesetzlich bzw. von der Rechtsprechung vorgesehene Abnahmeformen
Haben die Parteien eine förmliche Abnahme vereinbart, so hat diese schriftlich zu erfolgen. Dies erfolgt mit einem Abnahmeprotokoll, in dem alle wesentlichen Punkte aufgelistet sind, insbesondere diejenigen Mängel, die beim Abnahmetermin erkennbar sind (siehe Ziff. 4.).
Damit eine Abnahme wirksam ist, bedarf es nicht unbedingt einer Schriftlichkeit. Die Abnahme kann auch konkludent durch den Bauherrn erfolgen, also durch tatsächliche Handlungen, die den Bauunternehmer darauf vertrauen lassen, dass der Bauherr seine Leistungen als im Wesentlichen vertragsgemäß entgegengenommen hat. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Bauherr in sein Haus einzieht, ohne Mängel zu rügen oder ohne Vorbehalt die Schlussrechnung bezahlt.
Bei einer förmlichen Abnahme müssen die Parteien grundsätzlich ein Abnahmeprotokoll aufsetzen. Da es sich bei der Abnahme um eine einseitige Erklärung des Bauherrn handelt, sollte dieser das Protokoll aufsetzen. Im Protokoll sind die Parteien aufzunehmen, welche Leistungen im Einzelnen abgenommen werden, ob es sich um eine Gesamtabnahme, um eine Teilabnahme oder sogar nur um eine „technische Abnahme“ handelt. Insbesondere sind eventuelle Mängel oder noch nicht erbrachte Leistungen aufzuführen. Hierüber müssen die Parteien kein Einvernehmen herstellen. Es genügt, dass der Bauherr entsprechende Vorbehalte ins Protokoll aufnimmt, um seine Gewährleistungsrechte zu wahren. Das Protokoll ist von beiden Parteien zu unterzeichnen. Weigert sich der Bauunternehmer, z.B. aufgrund der aufgeführten Mängel dies zu tun, so ist dies unschädlich, ebenso wie seine Unterschrift, weil er damit die vom Bauherrn behaupteten Mängel oder fehlenden Leistungen nicht anerkennt. Der Bauunternehmer kann das Protokoll natürlich entsprechend ergänzen. Schließlich ist eine eventuell verwirkte Vertragsstrafe ausdrücklich vorzubehalten, da ansonsten ein Vertragsstrafenanspruch nach Abnahme nicht mehr geltend gemacht werden kann (siehe Ziff. 9.).
Falls der Bauunternehmer trotz Aufforderung nicht zum Abnahmetermin erscheint, ist dies unschädlich. Der Bauherr kann die Abnahme alleine durchführen. Das Abnahmeprotokoll sollte er dem Bauunternehmer nachweisbar übermitteln und ihm gleichzeitig eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung setzen. Selbiges gilt natürlich auch, wenn er die Abnahme wegen wesentlicher Mängel verweigert. Erscheint der Bauherr zum Abnahmetermin nicht, obwohl der Bauunternehmer die Fertigstellung mitgeteilt und ihn zur Abnahme aufgefordert hat, so ist dies spätestens als Abnahmeverweigerung zu werten, wenn der Bauherr auch einer weiteren Aufforderung nicht nachkommt. Der Bauunternehmer kann dann auch ohne Abnahme seinen Restwerklohn schlussrechnen und einklagen. Ob der Bauherr berechtigterweise die Abnahme verweigert hat, wird im Prozess über den noch ausstehenden Werklohn geprüft.
Der Bauherr kann die Abnahme auch verweigern, wenn die beauftragten Leistungen noch nicht fertiggestellt sind. Wesentliche Mängel und das Fehlen wesentlicher Leistungsteile werden dann gleich behandelt. Hat der Bauunternehmer dennoch die Fertigstellung mitgeteilt, so kann der Bauherr, z.B. um über das Bauwerk verfügen zu können, auch die unfertige Leistung unter Vorbehalt der noch fehlenden Leistungsteile abnehmen (sog. Vorwegabnahme). Eine Abnahme vor der Mitteilung der Fertigstellung durch den Bauunternehmer (sog. aufgedrängte Abnahme) kann der Bauherr hingegen nicht durchführen und so die Abnahmewirkungen herbeiführen.
Wenn Mängel bei der Abnahme erkennbar sind, müssen diese im Einzelnen im Protokoll aufgeführt werden. Die jeweiligen Mängel sollten nach Lage, Erscheinungsbild und Ausdehnung möglichst genau beschrieben werden. Eine fachliche Korrektheit ist dabei nicht erforderlich. Sinnvoll ist es, die Mängel fotografisch zu dokumentieren und diese Unterlagen dann als Anlage zu protokollieren. Zudem ist es nicht notwendig, mögliche Ursachen der Mängel zu benennen oder gar weitergehende Untersuchungen vorzunehmen. Es genügt die Beschreibung der „Mängelsymptome“. Ob ein Mangel bei der Abnahme erkennbar war und somit vorbehalten werden muss, richtet sich danach, was einem in Bauangelegenheiten unerfahrenen Bauherrn möglich ist, zu erkennen. Bautechnischen Sachverstand muss der Bauherr nicht zwingend hinzuziehen. Sinnvoll ist es aber schon. Sind Mängel vorhanden, sollte dem Bauunternehmer im Protokoll eine angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden. Bei einer Fristversäumnis kann der Bauherr die Mängel selbst beseitigen und hierfür einen Kostenvorschuss verlangen.
Wird eine verlangte oder vereinbarte förmliche Abnahme nicht durchgeführt, so kann dies nach einer gewissen Zeit als nachträglicher Verzicht gesehen werden. Das ist z.B. so, wenn der Bauunternehmer die Schlussrechnung übersandt hat und der Bauherr mehrere Monate lang keine förmliche Abnahme verlangt. Dem ist auch so, wenn der Bauherr die Schlussrechnung bezahlt hat, der Bauherr auf die Schlussrechnung und Mahnungen nicht reagiert oder, wenn weder Mängel gerügt noch eine förmliche Abnahme verlangt werden. Entscheidend ist der Zeitablauf. Wie lange dieser sein muss, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Allerdings dürften einige Wochen nicht ausreichen, um einen Verzicht auf die förmliche Abnahme zu unterstellen.
Wie bei erkennbaren Mängeln muss sich der Bauherr auch eine, eventuell wegen Fristversäumnis, verwirkte Vertragsstrafe ausdrücklich bei der Abnahme im Protokoll vorbehalten. Ein unmittelbar vor oder nach Abnahme erklärter Vorbehalt genügt in der Regel nicht. Das hat zur Folge, dass der Bauherr gemäß § 341 Abs. 3 BGB seinen Anspruch auf eine Vertragsstrafe verliert. Dies gilt nicht, wenn er nicht zuvor ausdrücklich mit seinem Anspruch auf die Vertragsstrafe gegen einen Werklohnanspruch des Bauunternehmers aufgerechnet hat und dieser dadurch bereits erloschen ist.
Eine Anfechtung der Abnahmeerklärung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB ist grundsätzlich möglich. Der Bauherr muss aber die arglistige Täuschung konkret für jeden einzelnen Mangel dargelegen und nachweisen. Das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB ist umstritten, da § 634 a Abs. 3 BGB ausdrücklich vorsieht, dass die Verjährungsfrist bei Arglist sich nach den allgemeinen Reglungen des BGB richtet, d.h. erst mit Kenntnis des Bauherrn beginnt. Eine Irrtumsanfechtung gemäß § 119 BGB wegen des Vorhandenseins von Mängeln, den Fertigstellungsgrad oder eine Abnahmeverpflichtung kommt grundsätzlich nicht in Betracht.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht