Die Welt des Arbeitsrechts ist mitunter ein wahrer Dschungel: Ständig ändern sich Gesetze und die Rechtsprechung und es ist nicht immer einfach, den Überblick zu behalten. Über Jahre haben wir festgestellt, dass sich einige Fehlvorstellungen hartnäckig halten. Damit räumen wir auf, setzen diesen Missverständnissen ein Ende und geben Ihnen Klarheit in Bezug auf die häufigsten Rechtsirrtümer im Arbeitsrecht. Wir beginnen mit den Kündigungen.
Wir greifen in diesem Artikel die fünf häufigsten Rechtsirrtümer auf, die wir in unserer täglichen Kanzleipraxis immer wieder mit Blick auf Kündigungen beobachten.
Das stimmt nicht. Die Probezeit (§ 622 BGB) und der Kündigungsschutz sind zwei verschiedene Dinge. Der allgemeine Kündigungsschutz greift erst nach sechs Monaten im Arbeitsverhältnis (sog. Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG). Bis dahin kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne besonderen Grund kündigen, selbst wenn keine Probezeit vereinbart ist. Räumen wir an dieser Stelle gleich noch mit einem weiteren verbreiteten Irrtum auf: Maßgeblich für die Geltung des Kündigungsschutzes ist der Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung, nicht das Datum zu dem das Arbeitsverhältnis endet. Sie können also noch am letzten Tag der 6-monatigen Wartezeit eine Kündigung ohne Grund aussprechen, auch wenn das Arbeitsverhältnis dann erst nach den sechs Monaten endet.
Die Probezeit betrifft nur die zu beachtende Kündigungsfrist. Wird eine Probezeit vereinbart (längstens für die Dauer von sechs Monaten), kann das Arbeitsverhältnis während dieser Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 BGB). Wird hingegen keine Probezeit vereinbart, gilt sofort die gesetzliche Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats oder eine vertragliche vereinbarte Kündigungsfrist, wenn sie länger ist.
Diese Annahme hält sich hartnäckig, stimmt aber auch nicht. Bei erheblichen Pflichtverletzungen kann eine Kündigung in der Regel bereits nach einmal erfolgloser Abmahnung ausgesprochen werden. Ist man ob der Tauglichkeit oder Wirksamkeit einer Abmahnung unsicher, kann auch noch eine zweite Abmahnung ausgesprochen werden. Denn, bei einer Kündigungsschutzklage prüft das Gericht auch die Wirksamkeit der zuvor ausgesprochenen Abmahnung. War diese nicht wirksam, kann schon aus diesem Grund die Kündigung selbst unwirksam sein.
Lediglich bei kleineren Verfehlungen ist eine mehrmalige Abmahnung ratsam, um die Beharrlichkeit des Fehlverhaltens des Mitarbeiters zu belegen.
Aber Vorsicht, viel hilft nicht immer viel. Wenn Sie ständig abmahnen, ohne tatsächlich eine Kündigung auszusprechen, kann die Warnfunktion der Abmahnungen erheblich geschwächt werden und zur leeren Drohung verkommen. Die Gerichte verlangen dann eine weitere, besonders ernsthafte Abmahnung, bevor die Kündigung ausgesprochen wird. In einer solchen Abmahnung müssen Sie unmissverständlich klar machen, dass jetzt wirklich und endgültig Schluss sein muss mit dem Fehlverhalten.
Das stimmt natürlich nicht. Der Betriebsrat ist vor jeder (ordentlichen und außerordentlichen) Kündigung eines Mitarbeiters anzuhören. Selbst wenn er der Kündigung widerspricht, können Sie als Arbeitgeber die Kündigung dennoch aussprechen.
Eine Zustimmung des Betriebsrats brauchen Sie nur, wenn Sie einem Betriebsratsmitglied kündigen möchten.
Ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats gegen eine ordentliche Kündigung hat dennoch Folgen. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer, wenn er gegen die Kündigung klagt, seine Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens verlangen. Er muss bis dahin bezahlt und beschäftigt werden. Die Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers dagegen sind gering.
Das ist ebenfalls nur ein Mythos. Kündigungen dürfen im Grundsatz zu jeder Zeit ausgesprochen werden, auch an Weihnachten und wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist. Allenfalls eine treuwidrige Kündigung zur Unzeit kann unwirksam sein. Das setzt aber eine besondere Belastung beim Arbeitnehmer aufgrund des Zeitpunktes voraus und besondere Umstände wie eine bewusste Ausnutzung durch den Arbeitgeber. Praktisch ist uns ein solcher Fall noch nicht begegnet.
Nein, auch das ist falsch. Im Regelfall gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Gewinnt der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage, stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis weiterbesteht und der Mitarbeiter muss weiterbeschäftigt werden. Verliert der Arbeitnehmer, stellt das Gericht fest, dass die Kündigung wirksam war und das Arbeitsverhältnis beendet ist. Einen Abfindungsanspruch gibt es in beiden Fällen nicht.
Einen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt es lediglich in zwei Fällen:
Dennoch enden die meisten Kündigungsschutzverfahren mit einer Abfindung, weil sie einvernehmlich durch Vergleich beendet werden, in dem als Gegenleistung für die akzeptierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindungszahlung vereinbart wird.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht