von Kristian Glowe
Im Juni 2023 wurde die Änderung (oder im Politikerdeutsch: Weiterbildung) des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen. Diese ist teilweise zum 1. November 2023 in Kraft getreten, weitere Änderungen folgen schrittweise im Jahr 2024.
Diese Reform ist dringend notwendig, denn allerorts werden Fachkräfte gebraucht. Um den Fachkräftebedarf mit geeigneten Bewerbern aus dem Nicht-EU-Ausland zumindest teilweise abdecken zu können, werden bestehende Möglichkeiten der Einreise und Beschäftigung ausländischer Mitarbeitender ausgeweitet und vereinfacht. Aber nicht nur Fachkräfte stehen im Fokus, auch die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter ohne Ausbildung oder ohne Anerkennung einer Ausbildung aus dem Ausland wird erweitert.
Für Fachkräfte mit Berufsausbildung oder Hochschulabschluss ist im Rahmen der Fachkräfteeinwanderungsregelungen jede (nicht reglementierte) Tätigkeit gestattet. Sie müssen also nicht wie bisher im erlernten Beruf beschäftigt werden.
Das Unternehmen soll zukünftig selbst über die Eignung entscheiden.
Es besteht zudem bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Anspruch auf den Aufenthaltstitel, ein Ermessen hat die Ausländerbehörde nach der Reform nicht mehr.
Die Gehaltsgrenzen werden abgesenkt: Auf 50 % der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (statt bisher 66,66 %) für alle Fachkräfte mit akademischer Ausbildung und auf 45,3 % (statt bisher 52%) für Engpassberufe. Die reguläre Grenze liegt damit bei einem Bruttojahreseinkommen von 43.800,00 € statt bisher 58.400,00 €, die Grenze für Engpassberufe bei 39.682,80 € statt bisher 45.552,00 €.
Die Engpassberufe werden gleichzeitig ausgedehnt und umfassen nun auch Führungskräfte in den Bereichen Produktion und Herstellung von Waren, Bau und Logistik, den Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Kinderbetreuung und Gesundheitswesen.
Für einen Arbeitsplatzwechsel ist nun auch in den ersten zwei Jahren keine Erlaubnis der Ausländerbehörde mehr erforderlich. Der Familiennachzug wird erleichtert und bei gleichzeitiger Beantragung beschleunigt.
Eine entsprechende Ausbildung berechtigt zur Tätigkeit im Rahmen der Duldung und zur Arbeitsplatzsuche. Bei Vermittlungsabsprachen (Projekte der Bundesagentur für Arbeit) werden Anforderungen an Arbeitsplatzangebote und (genau) passende Ausbildung entschärft.
Bestehende Möglichkeiten werden erweitert: Die Bundesagentur für Arbeit kann zukünftig für bestimmte Branchen (z.B. Hotels und Gaststätten, Landwirtschaft) Kontingente festlegen, in deren Rahmen Tätigkeiten bis zu sechs Monaten zulässig sind, wenn tarifliche Arbeitsbedingungen gewährt und Reisekosten anteilig übernommen werden.
Das Kontingent wird auf 50.000 Personen je Kalenderjahr verdoppelt, die Regelungen gelten zukünftig dauerhaft.
Nebentätigkeiten von Studierenden (bspw. als Werkstudent) können mit neuen Anrechnungsvorschriften (u.a. einem Arbeitstagekonto) flexibler gestaltet werden.
Die zulässige Aufenthaltsdauer wird auf zwei bzw. drei Jahre verlängert. Der Umfang erlaubter Nebentätigkeiten wird auf 20 Stunden pro Woche verdoppelt. Umfangreichere Nebentätigkeiten im späteren Beruf erfordern kein konkretes Arbeitsplatzangebot mehr.
Neu ist die Anerkennungspartnerschaft: Der Mitarbeitende kann bereits im Zeitraum der Anerkennung mit einer nicht reglementierten, aber gleichwertigen Tätigkeit beschäftigt werden. Sonderregelung für die Pflege: Da die Fachkrafttätigkeit noch nicht gestattet ist, kann eine Beschäftigung in Helfertätigkeiten erfolgen, wenn die Eingruppierung nach Anerkennung zu einer Vergütung als Pflegefachkraft führt.
Für Personen mit Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren wird ein neuer Zugang geschaffen, wenn diese ein Mindestgehalt von 39.000 € brutto jährlich oder einen Tariflohn erhalten.
Auch ein Aufenthalt zur Qualifikationsanalyse ist zukünftig möglich.
Ein Ausbildungsplatz darf zukünftig bis zum 35. Lebensjahr gesucht werden.
Eine Einreise zur Arbeitsplatzsuche ist zukünftig für bis zu 12 Monate möglich, wenn er eine Fachkraft ist oder aus mehreren Kriterien (z.B. Ausbildung, Sprachkenntnisse, Alter) eine ausreichende Anzahl erfüllt wird (sog. Chancenkarte mit Punktesystem). Mit der Chancenkarte sind Teilzeitbeschäftigungen und Probearbeiten möglich.
Fachkräfte müssen zukünftig nur noch drei statt bisher vier Jahre auf den Erwerb der Niederlassungserlaubnis warten. Zeiten mit einer bluecard in einem anderen EU-Staat können angerechnet werden.
Wo Licht ist, ist auch Schatten: Wichtige Verschärfungen für Unternehmen:
Diesen Anspruch können Beschäftigte selbst geltend machen. Fiktiv zu hoch angegebene Entgelte (zum Erwerb der Erlaubnis) sollen vermieden werden.
Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die ausländerrechtlichen Regelungen, aber auch bei schwerwiegender Benachteiligung oder Verstößen gegen sozialversicherungs-, steuer- oder arbeitsrechtliche Vorgaben kann dem Unternehmen für bis zu fünf Jahre die Beschäftigung ausländischer Mitarbeitender untersagt werden