Battke Insights

10.01.2024

„Ich finde das ,echte Leben´ im Arbeitsrecht wieder.“
Warum Arbeitsrechtler Franz Lehr doch kein Strafverteidiger geworden ist.

Was wollten Sie werden als Sie 20 Jahre alt waren, was waren Ihre Visionen von einem erfüllten (Arbeits-) Leben?

Ich habe mit 20 angefangen Jura zu studieren, insofern war ziemlich schnell klar, in welche Richtung es geht. Ursprünglich wollte ich Strafverteidiger werden, da mich das „echte Leben“ faszinierte. Doch im Laufe meines Studiums änderte sich meine Perspektive, nachdem ich Praktika bei Strafverteidigern absolviert und das Berufsbild näher kennengelernt hatte. Heute finde ich das „echte Leben“ im Arbeitsrecht wieder, wo ich Fälle aus dem Arbeitsalltag bearbeite – Fälle von Menschen wie mir, dir und jedem anderen.

Wie viele Rechtsverstöße haben Sie selbst schon begangen?

Dazu würde ich sagen: Wir waren alle mal jung.

Streiten Sie auch privat gerne?

Wenn man meine Frau fragen würde, wahrscheinlich schon. In meiner Kindheit haben wir außerdem in der Familie viele Brettspiele gespielt und da war ich jemand, der gerne noch mal in den Regeln nachgelesen hat, ob der Spielzug wirklich so möglich war. Da habe ich dann schon versucht, mir mit einem Blick in die Regeln einen kleinen Vorteil zu erarbeiten- aber ohne zu Schummeln!

Wirtschaftsanwälte haben den Ruf recht trocken, sehr genau und am liebsten in tischhohen Aktenbergen vergraben zu sein – was macht Sie trotzdem sympathisch? Wann und wo brechen Sie aus diesem Klischee aus?

Ich bin trotzdem auch ein Mensch. Das bedeutet, ich versuche nicht nur als Anwalt, sondern auch als Mensch wahrgenommen zu werden. Ich bin kein Automat und auch keine KI, die einfach nur Paragrafen wiedergibt. Meine Mandanten sollen merken und verstehen, dass Recht von ganz normalen Menschen geschrieben und gesprochen wird und dass es gerade für unser gesellschaftliches Miteinander wichtig ist. Wie breche ich aus? Nun ja, früher war ich gerne auf Festivals. Das geht mit zwei kleinen Kindern momentan nicht mehr so. Da haben sich die Prioritäten verschoben. Ansonsten reise ich sehr gerne. Das muss nicht weit weg sein. Wichtig ist mir der Blick für Kleinigkeiten und für das Besondere.

„Meine Mandanten sollen merken und verstehen, dass Recht von ganz normalen Menschen geschrieben und gesprochen wird und dass es gerade für unser gesellschaftliches Miteinander wichtig ist.“
Franz Lehr

Wenn ich an Anwalt denke, denke ich, geprägt durch amerikanische Anwaltsserien, an Strafverteidiger, an Menschen, die für die „Gute Sache“ kämpfen. Haben Sie solche Serien und Filme auch in Ihrer Berufswahl inspiriert? Wenn ja, welche und warum dann doch lieber Wirtschaftsanwalt?

Natürlich haben wir alle „Suits“ geguckt, aber tatsächlich waren Serien und Filme keine entscheidende Inspiration für mich. Ein größerer Antrieb war mein Gerechtigkeitsgefühl. Ich konnte es noch nie leiden, wenn jemand übervorteilt wird. Vielleicht stellt man sich auch mal ein leidenschaftliches Plädoyer wie im Film vor, aber im Endeffekt ist das deutsche Rechtssystem zum amerikanischen sehr unterschiedlich, und es kommt dann doch kein Überraschungszeuge in letzter Minute zur Gerichtstür herein.

Wie sehen die nächsten 20 Jahre aus? Was wäre ein echter Meilenstein in Ihrem Anwaltsleben?

Als Anwalt ist man Anwender, d. h. man arbeitet mit den Fällen, die an einen herangetragen werden. Wenn ich mir aber etwas wünschen dürfte, würde ich gerne mal einen Fall vor dem Bundesarbeitsgericht verhandeln. Ein Verfahren, welches alle Instanzen durchläuft, eines, das man längerfristig begleiten kann und dann natürlich auch gewinnt. Und für mich als Anwalt wünsche ich mir, dass ich in 20 Berufsjahren in alle Bereiche des Arbeitsrechts geschaut habe, reich an Erfahrungen bin und mir eine eigene Nische erarbeitet habe. Der Reiz meines Berufes liegt auch darin, dass er in viele Richtungen offen ist, die fachlichen Entwicklungsmöglichkeiten vielfältig sind und mein beruflicher Alltag so wahrscheinlich nicht langweilig wird. Das empfinde ich als sehr wertvoll. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und technischen Werkzeugen wird nicht nur die Juristerei in Zukunft sehr verändern, sondern auch neue gesetzliche Regelungen erfordern und hervorbringen. Hier bin ich neugierig und freue mich auf die Herausforderungen dieser Transformation.

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