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21.03.2024

Der Fußballverein Hannover 96 zieht vor den Bundesgerichtshof

von Dr. Ekkehard Nolting

Die Profifußballer von Hannover 96 streben ins Oberhaus der Bundesliga während der Verein den Schritt in die Belle Etage der Jurisprudenz, zum Bundesgerichtshof, indes schon geschafft hat. Es geht um den Hauptsponsor Martin Kind, die Reizfigur der organisierten Fanszene, und um die heilige Kuh der Traditionalisten, die 50 + 1-Regel der Deutschen Fußballliga. Der Verein hat seine Profi-Abteilung in eine GmbH & Co. KGaA ausgegliedert, deren Geschäftsführer (genauer: Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) Martin Kind ist. Wegen der anhaltenden Differenzen zwischen Martin Kind und dem Verein, vor allem dessen Mitgliedern, um die Rolle von Investoren und ihren Einfluss, wohl aber auch aus persönlichen Gründen beschloss der Verein 2022 als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH die Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer aus wichtigem Grund.

Bundesgerichtshof Karlsruhe, Foto von Stephan Baumann

Der Webfehler war, dass nach der Satzung der Komplementär-GmbH die Gesellschafterversammlung für die Abberufung des Geschäftsführers gar nicht zuständig war. Das war der eigens eingerichtete Aufsichtsrat. Dieser besteht paritätisch besetzt aus je zwei Vertretern des Vereins und des Aufsichtsrats der KGaA. Ferner hatte der Verein mit der KGaA und deren Kommanditaktionärin, die wiederum mittelbar von Martin Kind beherrscht ist, in einem gesonderten Vertrag (“Hannover-96-Vertrag”) vereinbart, dass der Verein nicht ohne vorherige Zustimmung der Kommanditaktionärin die Satzung insbesondere auch im Hinblick auf die Kompetenzen zu Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer ändern dürfe.

Das OLG Celle hatte mit seinem Beschluss vom 4. April 2023 (Az. 9 U 102 / 22) den Abberufungsbeschluss wegen des Kompetenzverstoßes für nichtig erklärt. Der BGH hat das nun offenbar für nicht überzeugend gehalten und daher die Revision zugelassen. Man darf gespannt sein, was dem BGH am Urteil des Oberlandesgerichts bitter aufgestoßen ist. Das Oberlandesgericht hatte sich noch kühn auf der Linie des BGH gewähnt, als es mit Hinweis darauf seine Entscheidung sogar wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Berufung im Beschlusswege gefasst hatte.

In der Tat dürfte die OLG-Entscheidung dem BGH an mehreren Stellen Anlass zur Verdeutlichung seiner Rechtsauffassung geben:

  • Geklagt hat Martin Kind als Fremd-Geschäftsführer. Ein Fremdgeschäftsführer kann sich gegen eine Abberufung nur erfolgreich wehren, wenn der Beschluss nichtig ist.
  • Die Nichtigkeit sah das OLG in einem Kompetenzverstoß begründet, weil die Zuständigkeit für die Abberufung durch die Satzung auf den Aufsichtsrat delegiert worden sei. Es ist aber umstritten, ob das für die Abberufung aus wichtigem Grund überhaupt zulässig ist oder insoweit eine zwingende Zuständigkeit bei der Gesellschafterversammlung verbleibt. Bejaht man letzteres, läge gar keine Satzungsdurchbrechung und kein Kompetenzverstoß vor, wenn tatsächlich ein wichtiger Grund gegeben sein sollte.
  • Kompetenzverstöße führen im Übrigen aber nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Zur Anfechtung sind nur Gesellschafter, nicht Fremdgeschäftsführer befugt.
  • Kompetenzverstöße können zwar ausnahmsweise einmal zur Nichtigkeit führen, wenn sie mit dem Wesen der GmbH unvereinbar sind; das ist bei der Abberufung durch die Gesellschafterversammlung aber gerade nicht der Fall, weil sie von Gesetzes wegen zu deren Kernkompetenzen gehört.
  • Der Verstoß gegen die Stimmbindung im Hannover 96-Vertrag könne, so das OLG schließlich, im Rahmen der Beschlussmängelklage geltend gemacht werden. Dazu beruft sich das OLG zu Unrecht auf den BGH: Zum einen hat der BGH das für den Fall entschieden, dass sich sämtliche Gesellschafter untereinander gesellschaftsintern gebunden haben. Hier ging es jedoch um die Umgehung einer Stimmbindung gegenüber außenstehenden Dritten (deren Zulässigkeit hier auch einer kritischen Betrachtung wert wäre). Zum anderen hat er einen Verstoß gegen die Stimmbindungsabrede nur als Anfechtungs- und nicht als Nichtigkeitsgrund anerkannt. Und schließlich ist der Kläger an der Stimmbindungsvereinbarung gar nicht beteiligt und es handelt sich auch nicht um eine Beschlussmängelklage von Gesellschaftern sondern um eine einfache Feststellungsklage eines Dritten.

Der BGH hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 4. Juni 2024 angesetzt. Der Ausgang wird sicher nicht nur in der Fangemeinde sondern auch bei den juristisch Interessierten mit Spannung erwartet.

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