Der Bereich rund um den arbeitsrechtlichen Vertragsschluss und den Nachweis von Arbeitsbedingungen wurden bislang von der Digitalisierung noch nicht eingeholt. Doch das soll sich jetzt ändern. Am 29.10 2024 wurde das Bürokratieentlastungsgesetz IV im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit treten die im Folgenden beschriebenen Änderungen am 01. Januar 2025 in Kraft.
Das Gesetz soll weitreichende Veränderungen bringen. Ist ein digitaler Arbeitsvertrag jetzt also bald möglich?
Grundsätzlich bedarf der Arbeitsvertrag keiner Form. Er kann damit auch mündlich oder per E-Mail abgeschlossen werden. Dessen ungeachtet ist ein mündlicher Abschluss nicht ratsam. Eine textliche Dokumentation bringt Klarheit über das Vereinbarte und hilft beiden Seiten.
Eine Ausnahme von der Formfreiheit bildet die Befristung. Diese bedarf nach § 14 Abs. 4 TzBfG zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
Da die elektronische Form nicht explizit ausgeschlossen ist, kann die Schriftform aber nach § 126 Abs. 3 BGB durch die elektronische Form nach § 126 a BGB ersetzt werden. Um sie wirksam durch die elektronische Form zu ersetzen, muss das elektronische Dokument mit dem Namen und der qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) beider Vertragspartner versehen sein. Bei der qeS wird die Identität des Unterzeichners durch einen Vertrauensdienstanbieter bestätigt. Das bedeutet aber auch, dass sowohl den Arbeitgebenden als auch den Beschäftigten die qeS zugänglich sein muss. Auf Seiten der Arbeitgebenden könnten die notwendige technische Infrastruktur und die anfallenden Kosten noch gestemmt werden. Dass die Beschäftigten über eine qeS verfügen, ist dies nach unserer praktischen Erfahrung sehr selten bis nie der Fall. Eine Lösung dafür könnte sein, dass Arbeitge-bende einem Bewerber oder Bewerberin einen Zugang zur qeS verschaffen und dafür die Kosten tragen. Identifizierungsdiensteanbieter beispielsweise bieten eine Online-Identifikation, die auf der Online-Funktion des Personalausweises basiert oder mittels Videochat durchgeführt wird.
Im Jahr 2022 trat die Neufassung des Nachweisgesetzes (NachwG) in Kraft. Das Gesetz schreibt den Arbeitgebenden in § 2 NachwG vor, dass die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhält-nisses schriftlich niederzulegen sind. Wesentliche Vertragsbedingungen sind unter anderem Name und Anschrift der Vertragsparteien und Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses. Bei dem Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen ist bislang die elektronische Form ausgeschlossen (§ 2 I S. 3 NachwG). Das bedeutet, dass die Schriftform nach § 126 BGB gewahrt werden muss. Schriftform bedeutet die eigenhändige Unterzeichnung des Schriftstückes durch Namensunterschrift. Wichtig zu beachten ist, dass bei einem Vertrag die Unterzeichnung der Vertragsparteien auf derselben Urkunde erfolgen muss. Kommt man dem nicht nach, drohen empfindliche Bußgelder und Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen können Schadensersatz verlangen.
Das Bürokratieentlastungsgesetz IV wird im Rahmen des Nachweisgesetzes für Erleichterungen sorgen. Vor allem soll auf die bislang vorgeschriebene Schriftform in Zukunft verzichtet werden können. Stattdessen soll bei unbefristeten Arbeitsverträgen die Textform gelten. Textform i.S.d. § 126 b BGB bedeutet, dass die Erklärung lesbar ist, die Personen benennt und auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Darüber hinaus muss das Dokument für den Beschäftigten zugänglich sein, gespeichert und ausgedruckt werden können. Außerdem muss der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin den Beschäftigten mit der Übermittlung auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Das bedeutet wiederum, dass dem Formerfordernis des Nachweisgesetzes auch beispiels-weise per E-Mail nachgekommen werden kann. Von dieser Erleichterung sind nur Branchen nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (u.a. Baugewerbe, Gastronomie, Fleischwirtschaft, Wach- und Sicherheitsgewerbe, Speditionen) ausgenommen. In diesen Branchen muss der Nachweis weiterhin in Schriftform erfolgen.
Befristungen werden weiterhin dem Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG unterliegen. Davon wird es aber eine praktisch wichtige Ausnahme geben: die Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze (nach § 41 SGB VI). Für diese Befristung soll die Textform nach § 126 b BGB genügen. Wichtig in diesem Zusammenhang: die Zulässigkeit der Schriftform gilt nur für die Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze. Andere in der Praxis häufig vorkommende Befristungen bis zum Erhalt einer ungekürzten Rente oder automatische Beendigungen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer dauerhaften Erwerbsunfähigkeit bedürfen weiterhin der Schriftform oder einer qeS.
Bei unbefristeten und auf das Renteneintrittsalter befristeten Arbeitsverträgen wird ein rein digitaler Arbeitsvertragsschluss inklusive des Nachweises der wesentlichen Arbeitsbedingungen ab dem 1. Januar 2025 möglich sein. Der Austausch von Schriftstücken wird damit überflüssig. Auch bei der Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen oder zusätzlicher Angaben ist künftig die Textform möglich. Wichtig ist allerdings, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, ein Empfangs-nachweis zu erteilen, um Unsicherheiten bei der elektronischen Übermittlung zusätzlich abzusi-chern. Wenn der Arbeitnehmer einen Schriftformnachweis verlangt, ist diesem Verlangen nachzu-kommen. Die Nichterteilung kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
2. Befristete Arbeitsverträge
Bei befristeten Arbeitsverträgen bleibt es bei dem Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Dieses kann allerdings nach § 126 Abs. 3 BGB durch die elektronische Form ersetzt werden. Dafür ist es notwendig, dass beide Vertragspartner einen Zugang zu einer qeS haben.
Das Bürokratieentlastungsgesetz IV bringt damit tatsächlich Erleichterungen, wenn auch nur im Rahmen unbefristeter Arbeitsverträge und im Bereich der Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze. Ein digitaler Arbeitsvertrag ist damit zumindest bei diesen Verträgen ab dem 1. Januar 2025 schon möglich.
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