Keine wirksamen Amtshandlungen durch einen arbeitsunfähigen vollständig freigestellten Betriebsratsvorsitzenden

In gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten ist häufig streitig, ob der Betriebsrat einen ordnungsgemäßen Beschluss gefasst hat. Dies betrifft regelmäßig die Frage der ordnungsgemäßen Einleitung des gerichtlichen Ver­fahrens selbst oder die Zustimmungsverweigerung zu Einstellungen oder Versetzungen. Die Formalitä­ten der Ladung spielen dabei meist eine erhebliche Rolle. Ein wirksamer Beschluss erfordert eine Ladung durch den Betriebsratsvorsitzenden oder seinen Stell­vertreter.
Das Bundesarbeitsgericht hatte einen Fall zu ent­scheiden, in dem vollständig freigestellte Betriebsrats­vorsitzende arbeitsunfähig erkrankt war. Der Stell­vertreter war im Urlaub. Die Ladung zur Sitzung wurde von einem anderen Betriebsratsmitglied über den E­Mail­Account des Betriebsratsvorsitzenden versendet. Der streitige Beschluss wurde einstimmig durch die Anwesenden getroffen. Das Bundesarbeits­gericht kam in der Entscheidung vom 28. Juli 2020– 1ABR 5/19 zu dem Ergebnis, dass in dieser Sitzung kein ordnungsgemäßer Beschluss gefasst werden konnte. Ein vollständig freigestellter Betriebsrats­vorsitzender, der arbeitsunfähig erkrankt ist, kann keine Amtshandlungen vornehmen. Dies gilt für alle Amts handlungen. Eine Ladung zu einer Sitzung kann nur durch den Betriebsratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter erfolgen. Eine Ladung durch ein ande­res Mitglied des Betriebsrats ist gesetzlich nicht vor­gesehen.

FAZIT

  • Ein vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied kann während einer arbeitsunfähigen Erkrankung keine wirksamen Amtshandlungen vornehmen.
  • Auf einer Sitzung, zu der eine »einfaches« Betriebs­ratsmitglied einlädt, kann der Betriebsrat keine wirk­samen Beschlüsse fassen.

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Karsten Matthieß
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