Mit dem Inkrafttreten des Geschäftsgeheimnisschutzgesetzes am 26. April 2019 erfolgte ein Paradigmenwechsel für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Während früher ein Geschäftsgeheimnis bereits dann vorlag, wenn es sich um eine Information handelte, die sich auf ein Unternehmen bezog, die nicht offenkundig war und von einem Geheimhaltungswillen des Unternehmensinhabers getragen war, verlangt der Gesetzgeber nach aktueller Gesetzeslage mehr, um von einem schützenswerten Geschäftsgeheimnis auszugehen. Hiernach ist erforderlich, dass es sich um eine geheime Information von einem gewissen wirtschaftlichen Wert handelt, an der der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Vor allem entsteht der Schutz erst, soweit der Inhaber angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen für den Schutz ergreift. Unternehmen müssen daher unbedingt Vorkehrungen innerhalb des Unternehmens treffen, um sich im Streit auf ein geschütztes Geschäftsgeheimnis berufen zu können.
Nachdem das Gesetz 2019 in Kraft getreten ist, liegen nunmehr die ersten obergerichtlichen Entscheidungen vor, welche Geheimhaltungsmaßnahmen die Unternehmensinhaber zu treffen haben. Einigkeit besteht darin, dass die Maßnahmen sich nach objektiven Maßstäben aus Sicht eines verständigen Betrachters aus denjenigen Fachkreisen ergeben müssen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen.
Bei der Bestimmung der Angemessenheit sind mehrere Wertungskriterien im jeweiligen Einzelfall zu berücksichtigen.
Besondere Bedeutung erlangen dabei die Art und der wirtschaftliche Wert des Geheimnisses. Die Kosten für die Geheimhaltungsmaßnahmen müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert des Geschäftsgeheimnisses stehen, wobei sich kein festes KostenWertVerhältnis festlegen lässt. Das heißt, die Kosten für die Schutzmaßnahmen müssen nicht den Wert des zu schützenden Geschäftsgeheimnisses übersteigen. Das Oberlandesgericht Hamm weist in einem aktuellem Urteil vom 15. September 2020 (Az.:4U 177/19) jedoch darauf hin, dass von einem weltweit tätigen Unternehmen deutlich größere und finanziell aufwendigere Sicherungsvorkehrungen erwartet werden können, als von kleineren Betrieben. Zu berücksichtigen ist auch, welche Sicherheitsstandards branchen üblich sind.
Zudem verlangt das Oberlandesgericht Stuttgart nach einer neueren Entscheidung vom 19. November 2020 (Az.: 2U 575/19) als Mindeststandard für die zu treffenden Maßnahmen, dass relevante Informationen nur denjenigen Personen anvertraut werden, die die Informationen zur Durchführung ihrer Aufgaben auch benötigen. Diese sind zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
Das Gericht weist ferner darauf hin, dass ein in Kauf genommenes »Datenleck« dazu führen kann, dass insgesamt kein angemessenes Schutzniveau mehr vorliegt, sodass das Geschäftsgeheimnis nicht mehr geschützt ist. Dieses ist besonders ärgerlich, wenn sich das Geschäftsgeheimnis beispielsweise auf Konstruktionszeichnungen, Rezepturen oder Kundendaten bezieht. Das Oberlandesgericht Stuttgart sah den Fall eines nicht mehr angemessenen Schutzniveaus als gegeben an, wenn der Geheimnis inhaber es bspw. zulässt, dass Mitarbeiter Dateien ohne Passwortschutz auf private Datenträger abspeichern oder wenn Papierdokumente nicht gegen den Zugriff von unbefugten Personen gesichert sind.
FAZIT