Betriebsversammlungen und Betriebsratssitzungen in Coronazeiten

Betriebsratssitzungen und Betriebsversammlungen sind nach dem Willen des Gesetzgebers als Präsenz­veranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten. Wird dies nicht beachtet, sind die getrof­fenen Beschlüsse rechtswidrig. Aber wie passt dies zur Pandemie? Dazu hat der Gesetzgeber seit dem 1.März2020 – zunächst befristet bis zum 30. Juni 2021– in § 129 BetrVG eine Sonderregelung getroffen, nach der diese Veranstaltungen als Videokonferenz – im Sonderfall der Betriebsratssitzung auch als Tele­fonkonferenz­ erfolgen können, sofern sichergestellt ist, dass Dritte von den Inhalten keine Kenntnis erlan­gen können und eine Aufzeichnung nicht erfolgt.
Trotzdem verbleibt dem Betriebsrat nach der (ersten) Rechtsprechung ein Ermessensspielraum, wie er die Veranstaltungen durchführt. So kann der Arbeitgeber dem Betriebsrat Präsenzsitzungen nicht grundsätzlich untersagen. Insbesondere dann nicht, wenn auf dieser Veranstaltung Wahlen durchgeführt werden müssen. Denn Wahlen sollen von der Aus­nahmeregelung des § 129 BetrVG nicht erfasst und daher weiterhin bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder durchzuführen sein (Landes­arbeitsgericht Berlin­Brandenburg, Beschluss vom 24. August 2020 ­ 12 TaBVGa 1015/20). Ob dies auch in Zeiten besonderer behördlicher Anordnungen, bei hohen Infektionsgefahren oder auch außerhalb von Wahlen gilt, wurde offen gelassen, jedoch bereits mit hohen Hürden versehen.

Auch kann der Arbeitgeber keine Betriebsver­sammlung per Videokonferenz durchsetzen, wenn in den Betriebsräumlichkeiten die Abstandsregelungen und maximalen Belegungszahlen nicht eingehal­ten werden können (so: Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 5. Oktober 2020 ­ 13 TaBVGa 16/20). So steht es dem Betriebsrat frei, auch außerhalb der Betriebsräumlichkeiten ausreichend große Räum­lichkeiten anzumieten oder die Betriebsversammlung in Teilen stattfinden zu lassen. Kosten für Miete und technische Ausstattung soll dann der Arbeitgeber als Betriebsratskosten nach § 40 BetrVG tragen müssen.

FAZIT

  • Auch bei der derzeitigen Verordnungs­ und Gefähr­dungslage kann eine kosten­ und zeitsparende vir­tuelle Durchführung von Betriebsratssitzungen oder Betriebsversammlungen vom Arbeitgeber nicht erzwungen werden. Es verbleibt nur, den Betriebsrat zur Nutzung des § 129 BetrVG aufzufordern und an seine Verant­wortung für die Gesundheit der Mitar­beiter zu erinnern.
  • Sollte der Betriebsrat weiter auf Präsenzveranstal­tungen beharren, sollten möglichst intern geeigne­te Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Macht der Betriebsrat selbstständig Kosten für Räum­lichkeiten geltend, sind diese auf Angemessenheit bzw. günstige Alternativen zu prüfen und der Betriebsrat gegebenenfalls zur Wahl eines wirtschaftlicheren Tagungsortes aufzufordern.

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Kristian Glowe
Tel: +49 351 563 90 24