Betriebsrat ist nicht der Verteidiger gewerkschaftlicher Aktionen

Betriebsräte gehen mitunter weit, um den Gewerk­schaften Platz und Raum zu schaffen. Dabei werden Betriebsrats­amt und Gewerkschaftstätigkeit immer wieder unzulässig verquickt. Der Betriebsrat ist aber nicht dazu berufen, dass unzweifelhafte Recht von Gewerkschaftsmitgliedern aus Art. 9 Abs. 3 GG, sich gewerkschaftlich zu betätigen, zu schützen oder zu verfolgen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 28. Juli 2020 – 1 ABR 41/18 deutlich gemacht.
Der Fall ist schnell erzählt. Einige Arbeitnehmer und zugleich Gewerkschaftsmitglieder errichteten auf dem Betriebsgelände einen Informationsstand, verteilten Flyer und sammelten Unterschriften. Der Arbeitgeber untersagte die Aktion ohne Beteiligung des Betriebsrats.

Der Betriebsrat meinte, der Arbeitgeber habe dadurch sein Mitbestimmungsrecht zur Ordnung des Betriebs nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt. Er leitete ein arbeitsgerichtliches Verfahren ein und ver­langte, dass es der Arbeitgeber zu unterlassen habe, Gewerkschaftsmitgliedern ohne seine vor herige Zustimmung zu untersagen, einen gewerkschaftlichen Informations stand aufzubauen und Informati­onsmaterial zu verteilen. Der Betriebsrat unterlag in allen Instanzen. Da die Reichweite der zulässigen gewerkschaftlichen Betätigung allein durch Art. 9 Abs. 3 GG bestimmt wird, fehlt es an einer Regelungsmacht des Arbeit­gebers. Und mangels Regelungsmacht des Arbeitge­bers gibt es auch keine Mitbestimmung. Daher war es unerheblich, ob der Arbeitgeber den Informations­stand zu Recht untersagt hat. Jedenfalls konnte der Betriebsrat nicht dagegen vorgehen. Es wäre Sache der Gewerkschaft gewesen.

FAZIT

  • Gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb ist durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt. Wie weit eine gewerkschaft­liche Betätigung zulässig ist, ist eine Einzelfallfrage.
  • In dieser Hinsicht besteht kein Mitbestimmungs­recht des Betriebsrats. Selbst wenn Maßnahmen des Arbeitgebers die gewerkschaftliche Betätigung unzulässig einschränken sollten, kann der Betriebsrat keine Unterlassung verlangen.

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Karsten Matthieß
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