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06.02.2025

Durchsetzung von Organhaftungsansprüchen gegen den Geschäftsführer in der zweigliedrigen GmbH

Zweigliedrige Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind häufig konfliktträchtig. Sind Differenzen in der Geschäftsführung erst einmal entstanden, ist eine gerichtliche Auseinandersetzung um eine mögliche Haftung des geschäftsführenden Gesellschafters nicht mehr fern. Der Mitgesellschafter steht dann vor der Frage, wie Ansprüche gegen den vermeintlich zum Schaden der Gesellschaft handelnden Geschäftsführer durchgesetzt werden können. Gefühlsmäßig mag es sich um einen Streit zweier Gesellschafter handeln. Dass das rechtlich nicht richtig ist, musste sich der Kläger in einem jüngst vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sagen lassen (BGH Urt. v. 5. November 2024 – Az II ZR 85/23).

Der Fall

Der Minderheitsgesellschafter einer GmbH klagte in eigenem Namen gegen den Geschäftsführer auf Zahlung von Schadensersatz an die GmbH wegen fehlerhafter Geschäftsführung. Nun muss grundsätzlich der Anspruchsinhaber – also die GmbH – selbst ihre Ansprüche verfolgen und es kann nicht jeder Gesellschafter eigenmächtig für die GmbH klagen. Auch sieht das GmbH-Gesetz vor, dass vor einer Inanspruchnahme des Geschäftsführers die Gesellschafter darüber beschließen müssen. In der Gesellschafterversammlung hatte die Mehrheitsgesellschafterin aber die Inanspruchnahme abgelehnt. Die Besonderheit bestand darin, dass es sich bei dieser um eine weitere Gesellschaft handelt, deren Geschäftsführer unmittelbarer Gesellschafter der in Anspruch genommene Geschäftsführer war. Dieser hatte die Mehrheitsgesellschafterin in der Gesellschafterversammlung vertreten, unterlag dabei aber einem Stimmverbot. Niemand soll als “Richter in eigener Sache” entscheiden. Die Stimme der Mehrheitsgesellschafterin war also unwirksam, der Beschluss damit zustande gekommen. Damit durfte aber noch nicht der Gesellschafter selbst klagen; der Beschluss ermächtigt nur die Gesellschaft, gegen ihren Geschäftsführer vorzugehen. Vertreten wird sie dabei entweder durch einen anderen Geschäftsführer oder – der Regelfall – durch einen von der Gesellschafterversammlung zu bestellenden Vertreter.

Urteil und Einordnung

Bei der zweigliedrigen GmbH ist zwar anerkannt, dass die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen einen der beiden geschäftsführenden Gesellschafter keines Beschlusses bedarf, da das wegen des Stimmverbots reine Förmelei wäre – der klagewillige Gesellschafter als allein Stimmberechtigter setzt sich ja in jedem Fall durch. Dennoch kann er nicht in eigenem Namen klagen, sondern muss dies als “bestellter” Vertreter der Gesellschaft in deren Namen tun. Auch für die Bestellung als Prozessvertreter bedarf es nach der Rechtsprechung in der zweigliedrigen GmbH keines Beschlusses; indem der allein stimmberechtigte Gesellschafter klagt, gibt er nach Auffassung des BGH zugleich zu erkennen, dass er sich zum Prozessvertreter bestellt. Eine Klage eines Gesellschafters in eigenem Namen für die Gesellschaft ist nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig, wenn die eigentlich zuständigen Organe, Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung, der Gesellschaft versagen. Das ist aufgrund des Stimmverbots des betroffenen Gesellschafters und dieser Rechtsprechung in der zweigliedrigen Gesellschaft nur in ausgesprochen seltenen und ungewöhnlichen Konstellationen denkbar. Der BGH hat die Klage des Gesellschafters daher zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Fazit

Von Interesse ist indes folgendes: In einer früheren Entscheidung (Urteil vom 17. Januar 2023 – II ZR 76/21) hatte der BGH noch explizit festgestellt, dass auch ein einem Stimmverbot unterliegender Gesellschafter an der Willensbildung teilhaben muss. Es hat also eine Gesellschafterversammlung stattzufinden und dem Gesellschafter ist Gelegenheit zur Stellungnahme zum Beschlussantrag zu geben. Er ist lediglich von der abschließenden Stimmabgabe ausgeschlossen. Allerdings handelte es sich dort um eine dreigliedrige und nicht um eine zweigliedrige Gesellschaft. Die unterschiedliche Behandlung mag darin begründet liegen, dass es der BGH bei der dreigliedrigen Gesellschaft noch für möglich hält, dass der betroffene Gesellschafter eine der beiden Mitgesellschafter überzeugt, von einer Klage gegen ihn abzusehen, während er das bei der zweigliedrigen Gesellschaft für ausgeschlossen hält. Im konkreten Fall hätte die Mehrheitsgesellschafterin aber durchaus auch einen unbefangenen Vertreter in die Versammlung schicken können. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob die Einladung und Abhaltung einer förmlichen Gesellschafterversammlung in jedem Fall als überflüssige Förmelei entbehrlich ist. Für das Ergebnis der besprochenen Entscheidung war das aber nicht mehr von Bedeutung.

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