Neue Nachweispflichten im Arbeitsverhältnis

Verstöße erstmals sanktionierbar

Am 23. Juni 2022 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen verabschiedet und zwingt damit die Arbeitgeber zum Handeln. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV sind ab dem 01. Januar 2025 viele Veränderungen in Kraft getreten, die auch im Rahmen den Nachweisgesetzes für Vereinfachungen sorgen sollen.

Nachfolgend geben wir Ihnen Überblick, was diese Änderungen für Sie als Arbeitgeber bedeuten und wie Sie diese in Ihrer Praxis umsetzen können. Sollten Sie noch weitergehende Fragen haben, zögern Sie nicht, uns direkt zu kontaktieren.

Das neue Nachweisgesetz im Überblick

Das Nachweisgesetz regelt, dass der Arbeitgeber die Mitarbeiter über die wesentlichen Bedingungen ihrer Arbeitsverhältnisse zu informieren hat. So sollen sich Mitarbeiter ein möglichst vollständiges Bild von dem machen können, was sie im Arbeitsverhältnis erwartet.

Bisher hat das Nachweisgesetz nur wenig Beachtung gefunden, da Verstöße allenfalls zu einer Beweislastumkehr im Prozess geführt haben. Weitere Sanktionen für Verstöße sah das Nachweisgesetz dagegen bisher nicht vor.

Kerninhalt der Gesetzesänderung ist insbesondere eine Ausweitung der Mitteilungspflichten des Arbeitgebers, auch muss die Mitteilung jetzt früher erfolgen. Die Neuerungen treten bereits zum 1. August 2022 in Kraft.

Das Nachweisgesetz sieht ein Bußgeld von bis zu EUR 2.000,00 pro Verstoß vor, wenn der Nachweis der Arbeitsbedingungen nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erbracht wird.

Zudem kann ein unterlassener oder fehlerhafter Nachweis in Streitfällen mit Mitarbeitern zu Beweisschwierigkeiten führen. Daher besteht für alle Arbeitgeber dringender Handlungsbedarf.

Sie müssen Ihren Mitarbeitern die “wesentlichen” Vertragsbedingungen mitteilen. Das Nachweisgesetz enthält eine Aufzählung von jetzt insgesamt 15 Aspekten des Arbeitsverhältnisses, über die mindestens zu informieren ist.

Sind diese Inhalte schon im Arbeitsvertrag geregelt, ist die Nachweispflicht erfüllt. Zudem sind für die meisten Aspekte auch Verweise auf kollektive Regelungen (Tarifvertrag, Kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien, Betriebsvereinbarung, Dienstvereinbarung) zulässig.

Neu aufgenommen sind unter anderem Mitteilungspflichten über

  • Schichtsystem, Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen.
  • Kündigungsverfahren: zusätzlich zu bereits bisher erforderlichen Angaben zu Kündigungsfrist und Schriftformerfordernis auch ein Hinweis auf die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage, wohl auch Verweis auf die erforderliche Beteiligung von Betriebsrat / Personalrat / Mitarbeitervertretung
  • Umfang des Anspruchs auf Teilnahme an vom Arbeitgeber bereitgestellten Fortbildungen
  • Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden

Seit dem Inkrafttreten des Bürokratieentlastungsgesetz IV sieht das Nachweisgesetz zwei Möglichkeiten vor:

Die Übermittlung ist nach wie vor in Schriftform möglich. Schriftform bedeutet, dass der Nachweis als Papier an den Mitarbeiter ausgegeben wird und die Unterschrift des Arbeitgebers enthält.

Der Nachweis kann aber jetzt unter bestimmten Voraussetzungen auch in Textform im Sinne des § 126b BGB erbracht und elektronisch übermittelt werden. Voraussetzung ist, dass die Erklärung lesbar ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eindeutig identifizierbar sind, und dass die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Die Erklärung in Textform muss dem Arbeitnehmer elektronisch übermittelt werden. Dies erfordert, dass das elektronische Dokument für den Beschäftigten zugänglich ist, gespeichert und leicht ausgedruckt werden kann. Als weitere Voraussetzung sieht das Nachweisgesetz vor, dass Sie den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordern müssen, einen Empfangsnachweis zu erteilen.

In aller Regel werden Sie den Anforderungen des Nachweisgesetzes genügen, wenn Sie den Nachweis in eine Mail aufnehmen oder diesen als PDF- Anhang zu einer solchen versenden. Wenn der Arbeitnehmer üblicherweise selbst von seiner privaten Mailadresse aus mit Ihnen kommuniziert, bedarf es hierzu keiner gesonderten Einwilligung. Die Abrufmöglichkeit über ein Mitarbeiterportal ist bei nachweisgesetzkonformer Ausgestaltung (v.a. Empfangsbestätigung, Abrufmöglichkeit auch für einen angemessenen Zeitraum nach Ende des Arbeitsverhältnisses) ebenfalls denkbar.

Sofern Sie den Nachweis in Schriftform erbringen, ist eine Unterschrift des Mitarbeiters auf der Mitteilung nicht erforderlich, da die Mitteilungspflicht nur den Arbeitgeber trifft.  Um später nachweisen zu können, dass der Mitarbeiter die Informationen erhalten hat, sollten Sie sich den Erhalt der Unterrichtung aber vom Mitarbeiter schriftlich quittieren lassen.

Sofern Sie den Nachweis in Textform mit elektronischer Übermittlung erbringen, müssen Sie den Arbeitnehmer auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Erteilt er diesen nicht, ist es ratsam, den Nachweis nochmals schriftlich zu erbringen und sich quittieren zu lassen.

Das Nachweisgesetz schreibt nicht vor, dass die wesentlichen Bedingungen schon im Arbeitsvertrag festgehalten werden müssen.

Die Nachweispflicht kann zwar schon durch den schriftlichen Arbeitsvertrag erfüllt werden, die schriftliche Information kann aber auch anders erfolgen. Zudem ist für die Mehrzahl der Arbeitsbedingungen wie Arbeitsentgelt, Arbeitszeit sowie Urlaub ein Verweis auf kollektive Regelungen ausreichend.

Für Inhalte, die Sie weiterhin einseitig ändern können wollen, raten wir von einer Regelung im Arbeitsvertrag ab, da sonst die Gefahr besteht, dass es sich dann nicht mehr um eine bloße Wissensmitteilung des Ist-Zustandes, sondern eine vertragliche Vereinbarung handelt, deren Inhalte nur mit Einverständnis des Mitarbeiters wieder geändert werden können.

Möchten Sie einzelne Bedingungen daher nicht arbeitsvertraglich vereinbaren, empfehlen wir dem Mitarbeiter ein gesondertes Dokumentationsblatt auszuhändigen, aus dem sich die weiteren Informationen ergeben. Dies bietet sich insbesondere für die Angabe des Schichtsystems an, in dem der Mitarbeiter eingesetzt wird, wenn eine spätere Versetzung in ein anderes Schichtsystem durch den Arbeitgeber möglich bleiben soll.

Ein allgemeines Muster für ein solches Dokumentationsblatt finden Sie unten zum Download. Dieses Muster kann Ihnen zugleich als Checkliste für die wesentlichen Arbeitsbedingungen, über die Sie informieren müssen, dienen.

Das Nachweisgesetz gilt für alle neueingestellten Mitarbeiter, die zum 01. August 2022 oder später Ihre Tätigkeit aufnehmen. 

Grundsätzlich müssen die Mitarbeiter nunmehr spätestens am Tag der Tätigkeitsaufnahme über die Arbeitsbedingungen umfassend informiert werden. Auch wenn das Nachweisgesetz für den Nachweis einzelner Bedingungen längere Fristen vorsieht, empfehlen wir, dem Mitarbeiter den Nachweis über alle wesentlichen Bedingungen bereits an dem Tag, an dem er die Arbeit aufnimmt, auszuhändigen.

Wir empfehlen Ihnen daher, Ihre Arbeitsvertragsmuster schnellstmöglich auf die neuen Anforderungen anzupassen und ein Dokumentationsblatt für zusätzliche Informationen vorzubereiten.

Für Bestandsmitarbeiter, die bereits vor dem 1. August 2022 ihre Tätigkeit aufgenommen haben, besteht eine Mitteilungspflicht nur dann, wenn diese den Nachweis der Arbeitsbedingungen von Ihnen verlangen.

Der Nachweis ist dann spätestens sieben Tage, nachdem Ihnen die Aufforderung des Mitarbeiters zugegangen ist, ebenfalls schriftlich an den Mitarbeiter auszureichen.

Daher sollten Sie schon jetzt eine Vorlage haben, auf deren Grundlage Sie das Ergänzungsschreiben schnell erstellen und den Mitarbeiter abholen lassen können.

Ändern sich die im Nachweisgesetz aufgeführten wesentlichen Arbeitsbedingungen, müssen Sie den Mitarbeiter erneut unterrichten. Wir empfehlen, dem Mitarbeiter in diesem Fall einfach ein aktualisiertes vollständiges Dokumentationsblatt auszuhändigen.

Diese Pflicht entfällt, wenn sich die Arbeitsbedingungen aufgrund einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften oder kollektiven Regelungen, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, ändern.

Besteht eine neue Hinweispflicht, müssen Sie den Mitarbeiter hierüber spätestens am Tag, an dem die jeweilige Änderung wirksam wird, schriftlich oder in Textform informieren.

Ja, aber nur wenn Sie diese mit Ihrem Betriebsrat vereinbart haben. Dann können Sie auf diese verweisen, da es sich dann um eine Betriebsvereinbarung handelt.

Ein bloßer Verweis auf von Ihnen vorgegebene Arbeitsvertragsbedingungen reicht dagegen nicht aus, um die Mitteilungspflichten aus dem Nachweisgesetz zu erfüllen. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine der dort genannten kollektiven Regelungen, sondern um sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

In diesem Fall müssen Sie Ihre Arbeitsvertragsbedingungen bei Neueinstellungen ab dem 1. August 2022 ebenfalls schriftlich, d. h. mit eigenständiger Unterschrift des Arbeitgebers, aushändigen.

Auch sind Änderungen der Arbeitsvertragsbedingungen, die dem Nachweisgesetz unterfallen, den Mitarbeitern dann wieder schriftlich bekannt zu geben. Am besten reichen Sie hierzu die neue Fassung der Arbeitsvertragsbedingungen – wieder eigenhändig unterzeichnet – aus.