Als Durchsetzungsmechanismen sieht die Richtlinie Verschiedenes vor. Zum einen haben Arbeitnehmende bei Verletzung der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts einen Anspruch auf Schadensersatz oder auf Entschädigung. Zum anderen haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 23 der Richtlinie Vorschriften über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu erlassen. Das bedeutet, dass bei der Verletzung der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit gleichem Entgelt mit der Verhängung von Geldbußen zu rechnen sein wird. Außerdem sollen die Sanktionen bei wiederholten Verletzungen auch verschiedenen Arten finanzieller Negativanreize umfassen, wie den Entzug öffentlicher Zuwendungen oder den Ausschluss von sonstigen finanziellen Anreizen oder öffentlichen Ausschreibungen für einen bestimmten Zeitraum.
Das Verbot der Entgeltdiskriminierung umfasst alle Entgeltformen. Den Nachweis führen, ob eine Entgeltdiskriminierung vorliegt oder nicht, müssen die Arbeitgebenden. Diesbezüglich regelt Art. 18 ETRL zwei Fälle der Beweislastumkehr. Zum einen, wenn Arbeitnehmende sich durch die Nichtanwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts in ihren Rechten für verletzt halten. Zum anderen in Fällen, in denen Arbeitgebende die Pflichten im Zusammenhang mit der Entgelttransparenz nach den Artikeln 5,6,7,9 und 10 nicht erfüllt haben, es sei denn, der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin kann nachweisen, dass der Verstoß offensichtlich unbeabsichtigt und geringfügig war. In all diesen Fällen müssen Arbeitgebende also darlegen und beweisen, dass eine Entgeltdiskriminierung nicht vorliegt. Damit behält Art. 18 ETRL die grundlegende Beweislastumkehr des § 22 AGG bei, nämlich dann, wenn ein Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung vermuten lassen. Die wesentliche Neuerung der Richtlinie ist jedoch die Ausweitung der Beweislastumkehr auf Fälle, in denen Arbeitgebende ihren Transparenzpflichten nicht nachkommen.
Dieser Diskriminierungsvermutung kann nur mit objektiv geschlechtsneutralen Kriterien entgegnet werden.
Das bedeutet auch, dass eine genaue Dokumentation der Entgeltstrukturen und Vergütungssysteme unerlässlich ist, um den Entlastungsbeweis tatsächlich führen zu können. Unternehmen sollten transparente und nachvollziehbare Vergütungsstrategien entwickeln. Außerdem muss auch die Stellenbesetzung und das Bewerbungsverfahren dokumentiert werden. Ohne diese Dokumentation wird es schwierig bis unmöglich sein, die Vermutung einer Diskriminierung zu widerlegen. Die zuvor dargelegten Grundsätze im Rahmen der Beweislastumkehr lassen sich schon jetzt anhand der Rechtsprechung verdeutlichen.
In einer Entscheidung des BAG machte die Klägerin ihren Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz geltend. Dabei erfuhr sie, dass ihr Gehalt unter dem Median des Gehalts vergleichbarer männlicher Kollegen lag. Gestützt darauf klagte sie auf Zahlung der Vergütungsdifferenz. Nach dem BAG begründe allein der Umstand, dass das Entgelt der Klägerin geringer war als das Medianentgelt der männlichen Vergleichsgruppe, die Vermutung einer Entgeltdiskriminierung wegen des Geschlechts nach § 22 AGG. Gelingt dem Arbeitgeber die Widerlegung dieser Vermutung nicht, müsse das Gehalt der Klägerin bis zum Median der männlichen Vergleichsgruppe angehoben werden, da eine geschlechtsbezogene Entgeltdiskriminierung nur durch eine Anpassung nach oben beseitigt werden kann.
In einer weiteren Entscheidung des LAG Baden-Württemberg lag das Entgelt der Klägerin nicht nur unter dem Median der männlichen Vergleichsgruppe, sondern auch unter dem Median der weiblichen Vergleichsgruppe. Die Klägerin forderte eine Anpassung auf das Niveau eines über dem Median der männlichen Vergleichsgruppe liegenden Kollegen. Das LAG sprach der Klägerin nur die Differenz zwischen dem Mediangehalt der Frauen und dem Mediangehalt der Männer zu. Eine Anpassung an das Gehalt des “Spitzenverdieners” wurde abgelehnt, da es denklogisch ausgeschlossen sei, dass die Vergütungsdifferenzierung innerhalb der Vergleichsgruppe eines Geschlechts auf dem Geschlecht beruht. Auch sei es ausgeschlossen, dass die Differenz zwischen dem Mediangehalt der männlichen Vergleichsgruppe und dem Gehalt der Klägerin, welches unter dem Mediangehalt der Frauen lag, auf dem Geschlecht basierte. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da eine Revision beim BAG anhängig ist.
Autoren: Karsten Matthieß (Fachanwalt für Arbeitsrecht) und Hanna Rehbein (wissenschaftliche Mitarbeiterin)
Rechtsanwalt
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